Von Prinzessinnen, wilden Kerlen und armen Kindern


Heute morgen geriet mir der Spielzeugkatalog der „Galeria Kaufhof“ in die Hände und er ist es wert, hier einmal genauer angesehen zu werden, ist er doch ein Spiegelbild dessen, was heute in den Familien, Kindergärten und Schulen als Erziehungsziel zumindest nicht hinterfragt, ja weitgehend unkritisch übernommen und propagiert wird.
Das Deckblatt ist der Technik gewidmet, wir sehen darauf Bagger und Kran sowie ein Allradfahrzeug als bunte Accessoirs in einer Mondlandschaft – die Preise sind stolz, aber es geht ja auf Weihnachten zu, da legt man schon mal 180.- oder 190.- Euro fürs Kind auf den Ladentisch.
Die nächsten Seiten werden von Robotern, Transformern, Eisenmammuths und Feuerlöwen bestimmt, die in „Ninjago-City“ oder im  „fliegenden Feuertempel“ wohnen. Geschlechtslose Phantasiemonster, entnaturiert, motorisiert, mit Leuchttastaturen und USB-Steckplätzen, das alles kostet dann bis zu 330.- Euro.
Waren die ersten Seiten noch von Menschen unbewohnt, so erscheinen nun – der Schöpfungsgeschichte folgend, nach der Gott die Erde ausgebaggert und mit Cities und Tempeln ausgestattet hat, die ersten Menschen auf Seite vier:
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Todesstern
Männlich sind sie, und zwar ausschließlich. Sie bewohnen nun die Erde  (einen Dschungel in“Ewok-Village“, 239,99 €) und umkreisen sie in „Todessternen“ (419,99 €) , sind fast alle  bewaffnet und skywalkern mit Laserschwerten ebenso wie mit Pistolen und Gewehren aller Art in schußbereiten unbekannntenFlugobjekten.
Seite fünf rüstet etwas ab und zeigt uns Autos und Rennbahnen, Hubschrauber und Drohnen. Für die weniger gut bestückten Familien gibts die Carrera-Bahn für 120.-€, die Mittelständler legen für die Edelausführung dann schon 330.-€ auf den Ladentisch.
Nun blättern wir zu Seite sechs und sieben:  Ein ersters „echtes“ Wesen  (ein Junge, es ist ein Junge!) bedient den „Mega-Kran“, den Schaufelbagger, das „Bosch-Parkhaus“ und diverse, meist ferngesteuerte Polizeiautos.  Die Welt braucht Ordnung, sprach der Gott (Gott ist ein Mann, mein Gott, er ist ein Mann!) und diese Ordnung ist natürlich männlich. Und im Übrigen auch Hartz4-tauglich, denn auf diesen Seiten will Galeria Kaufhof höchstens 15- 50 € pro Produkt haben.
Der Junge (von Seite sechs) wird groß und hat eine Familie, und logischerweise brauchts nun Familienspiele, Gesellschaftsspiele und Kartenspiele.  Ganz oben steht natürlich „Monopoly“ in mehreren Variationen, immer mit dem gleichen Spielergebnis: Der Reiche wird reicher und der Rest der Familie geht schlechtgelaunt ins Bett.
Alternativ kann auch gequizzt werden, in Zeiten, wo der Günther Jauch immer noch blutleerer seine saudummen Fragen im Millionärsquiz stellt, kann damit dann jeder auch mal ein Jauch sein und die anderen entsprechend bequatschen.
Seite sieben zeigt uns dann noch „UNO“. Kostet 25,99.-€ und ist so unnötig wie ein Kropf, denn früher hieß das „Mau-mau“ und konnte mit jedem normalen Kartenspiel gespielt werden.  Ach – und dann gibt es noch „Das Spiel des Lebens: Banking“.   Ja, der Kapitalismus stellt alles dazu bereit, damit unser Junge (der von Seite sechs) Kapitalist, Monopolist, Banker, Aktionär oder Austrickser werden kann.   Das ist erstrebenswert und wird allüberall gefördert. Schließlich könnte er ja auch, und das werden wohl die Meisten, auch Verlierer werden, ein Looser, ein „Opfer“, ein Nix, eine schwarze Null….
Jetzt allerdings blättern wir auf Seite zehn und unsere Schöpfungsgeschichte stellt den Robotern, Sky-Walkern, Kriegern und kleinen Jungs (von Seite 1-7) nun auch noch eine Eva zur Seite. Eine Eva? Nein, viele Evas!   Denn was ein Junge allein kann können Frauen nur im Schwarm, denn sie sind sozial, anpassungsfähig, hübsch, schön, zickig und geheimnisvoll. Prinzessinnen eben.
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Fütter-und Schmusespaß „Tawny“
Und so tauchen wir in die rosa Mädchenwelt ein, die uns der Werbegott nun geschaffen hat. Schminktische, sprechende Babies, Styleshops, Barbies und ein Traumhaus (99,99 €). Pferde, die aussehen wie Bambis und rosa Sättel tragen, die mit überlangen Mähnen Hochzeitskutschen ziehen. Sie sind hier ebenso selbstverständlich wie Feen und Elfen. Die Girlies dürfen auch Waffen tragen, allerdings nur einen „Geheimnisbogen“, der mit drei „Message-Pfeilen“ Geheimbotschaften an die anderen Girls (=“Finger weg, das ist mein Boy“) oder den Jungen von Seite sechs (= „Bitte heirate mich“) verschießen kann.
Jung, schön, weich und anschmiegsam für den EINEN Mann zu sein ist im Übrigen die Lebensaufgabe, und so sind die nächsten Seiten angefüllt mit „interaktiven Prinzessinnen-Betten“ (29,99 €) , „Deluxe-Puppenwagen“, „Baby-Borns“ und anderen „Weichkörperpuppen“.  –  Das alles beschert unseren Mädels dann eine „Luxusvilla“ (84,99 €) und führt sie ins  „Shopping-Center“ (104,99 €) und in die Modeboutique (33,99 €).
Genug von den Weibern. – Platz zugewiesen, erschwingliche Preise und alles in rosa, was will Mann da noch mehr.
Die letzten drei Seiten präsentiert uns Galeria Kaufhof das „Männerteam“:   Jungs (nur Jungs!) im Einsatz rund ums wahre Leben:  Als Lebensretter, Polizisten, Tankwarte,Pferdehofbesitzer, Seilbahnbetreiber, Schatzjäger, Piraten und Ritter. Zusammen retten sie die göttlich-kapitalistische Welt und weisen Monstern und Weibern ihren Platz zu.
Schöne neue Welt.
Und doch – ist Galeria Kaufhof nun ein Vorwurf zu machen? – Schließlich spiegelt das Angebot nur wieder, was wir tatsächlich gerade erleben. Die Frauenemanzipation ist schon lange stecken  geblieben und nur eine kleine Business-Women-Elite erkämpft sich einige Quoten-Aufsichtsratposten.  Die Kinder werden von Eltern und Erzieherinnen erzogen, die genau dieses Rollenbild produzieren und fördern. Von Aktionen wie „Kauft kein Kriegsspielzeug“ sind wir so weit weg wie der Wüstensand von den Eskimos. Die Welt wird weitgehend von Rassisten und religiösen Eiferern regiert und ist so militarisiert wie noch nie.  Kalte Kriege sind im Gang und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie auch hierzulande wieder zu heißen Kriegen werden.
Was kann getan werden im Kampf gegen den Kapitalismus, der unsere Welt zerstört? Ich gestehe, dass mir eine Antwort schwer fällt, aber sie liegt irgendwo zwischen  alternativer politischer Bildungsarbeit und einem unbestechlichen außerparlamentarischen Engagement, das heute weitgehend zum Erliegen gekommen ist.
Unsere Kinder werden von Geburt an manipuliert – das zeigt auch der hier besprochene Spielwarenprospekt der Galeria Kaufhof.  Wir brauchen Mut, dagegen anzugehen, denn Bertolt Brecht hat recht, wenn er die entscheidende Frage stellt:
Wessen Morgen ist der Morgen –  wessen Welt ist die Welt?

server4Für Interessierte hier der Link:

http://www.galeria-kaufhof.de/medias/sys_master/printmaterial/viewer/viewer.html?cfg=141127_Spielwaren&fallback=celumExport/Prospektdaten/M_ET141127_147033_255938_Spielwaren/page0001.tif

 

 

 

 

Über hermanitou

I believe in evolution of all creatures. All creatures are equal. Man is rational. Love is essential. War is evil. Religion can be a value for some men or women, but without political or moral power. Everyone is free but responsible. Slavery is a crime!
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