Nachdem es die Ulmer schon geschafft haben, Einstein zu versteinern und seine Ideen damit ad acta zu legen, gesellt sich nun der Treppenwitz eines Berblinger-Turms hinzu, der weder dem Schneider von Ulm noch seinen Ideen, Visionen und Sympathien für die Ideale der französischen Revolution gerecht wird.
Dabei ist Albrecht Berblinger und seine Rolle in der Zeit von 1794 bis zu seinem unwürdigen Hungertod nur zu verstehen, wenn man sich mit den schon damals festgefahrenen Verhältnissen in Ulm auseinandersetzt:
Unter der Führung von Kaspar Fesslen, der die Flugschrift “ Freimüthige Gedanken über die höchst notwendige Staatsverbesserung der freien Republik Ulm“ verfasst hatte, beteiligte sich Albrecht Berblinger am frühen Morgen des 8. August 1794 an der Blockierung von fünf Ulmer Kanonen, die der Magistrat der Stadt heimlich zum Krieg gegen die französischen Revolutionsheere transportieren lassen wollte. („Kanonenarrest“).
In der Folge verschärfte sich der Konflikt zwischen Magistrat und den vorwiegend aus Handwerkern bestehenden Ulmer Demokraten.
Daher heißt es in einem in Ulm von einem unbekannten Dichter 1798 entstandenen Pasquill:
„Ein Rat, besetzt von nahen Blutsverwandten,
Von Vätern, Söhnen, Schwägern und Bekannten;
Und diesen allen nur allein
Die ersten Stellen in dem Rathe offen
– Kann da Gerechtigkeit der Bürger hoffen?
Kann da der Bürger ruhig, sorglos sein?“
Berblinger war vom revolutionären Zeitgeist geprägt und ein hochbegabter Erfinder und Visionär. Er war zwar nicht der Erste, der das Fliegen probierte, aber er war der Erste, der das Prinzip des Gleitflugs entdeckte.
Missgunst und Neid beherrschten den Magistrat Ulms, der zunehmend Schwierigkeiten hatte, sich den anstehenden Veränderungen zu erwehren und mit Intrigen, Diffamierungen, Zensur und Arrest gegen die Ulmer Bürger vorging, die eine „Freie Republik Ulm“ auf der Grundlage von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit forderten. Und als sie Berblinger 1811 zwangen, von der Adlerbastei zu springen, hatten sie damit nicht nur Albrecht Berblinger nass gemacht, sondern auch seine weit über das Fliegen hinaus reichenden Ideen und Visionen, jedoch:
„Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen“, so der Ulmer OB Gunter Czisch am 1. Mai in einem Interview in der SWP. Diese Haltung der Ulmer Stadtspitze hat sich seit Berblingers Zeit leider bei uns erhalten und manifestiert sich nun in einem Turm, der völlig sinnentleert gebaut wurde und nur erneut die Enge des Ulmer Spießbürgertums bezeugt. Vielleicht könnte man noch eine Wasserrutsche zur Donau hinzufügen, damit das Ding eine Funktion hat? Und wer um Gottes Willen macht bei der Treppe die wöchentliche gut schwäbische Kehrwoche?